
Am Morgen unserer zehnten Camino Portugues Etappe begrüßt uns strahlender Sonnenschein und fröhliches Gemurmel – ideale Voraussetzungen, um den Jakobsweg von Armenteira nach Vilanova de Arousa zurückzulegen. Kerri, Katarina und Anton, die wir gestern Abend kennengelernt hatten, sind bereits in Aufbruchstimmung. Ganz offensichtlich gehören wir nicht gerade zu den Frühaufstehern unter den Pilgern, denn noch ehe wir unseren ersten Kaffee getrunken haben, verabschiedet sich einer nach dem anderen und macht sich auf den Weg. Ob wir zumindest eine der drei unterwegs wiedersehen werden? Unwahrscheinlich ist es sicher nicht. Alle zieht es ja heute – wie auch uns – zum vorletzten Etappenziel vor Santiago de Compostela: in das rund 24 Kilometer entfernte Vilanova de Arousa.
Camino Portugues Etappe 10: Armenteira – Vilanova de Arousa aus der Vogelperspektive!
Wie verläuft der Weg dieser Etappe? Wie kann man sich die Umgebung vorstellen? Geht es an der Küste entlang, mehr über’s Land oder quer durch die Städte? Antworten darauf geben die folgende GoogleMap und das Google-Earth-Video, das die Strecke zwischen Armenteira und Vilanova de Arousa aus der Vogelperspektive zeigt. Also am besten gleich einmal reinschauen.
Gegen neun Uhr stehen wir vor der Herberge, legen unsere Rucksäcke an und laufen dann mental und körperlich in Bestform wenige Meter die Straße hinunter bis zu einer Abzweigung, die hinein in den Wald führt. Dass es sich dabei nicht um irgendeinen Wald handelt, spüren wir schnell. Die Umgebung hat etwas Märchenhaftes an sich: unberührte Wildnis, mit Wurzeln durchzogene Wege, ein alter ungezähmter Baumbestand, überall grüner Farn, direkt neben uns der „Rio Armenteira“, ein kleiner, schnell abwärtsfließender Strom. Es ist einfach wundervoll hier. Gemütlich bewegen wir uns Schritt für Schritt vorwärts und machen erste Fotos.
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Rund 20 Minuten sind seit unserem Start vergangen, als wir in der Ferne einen pink-türkisfarbenen Punkt sehen, der sich auf uns zubewegt und den wir kurze Zeit später als Kerri identifizieren. Sie erzählt uns, dass sie ein ganzes Stück weiter unten am Berg in einer Sackgasse gelandet und daher umgekehrt ist. Also halten wir Ausschau nach dem richtigen Pfad und beschließen diesen Tag gemeinsam zu verbringen. Schön, dass der „Irrweg“ zu einem so schnellen Wiedersehen geführt hat.

Die 33 Mühlen am Rande des Camino Portugues
Über 750 Höhenmeter rauf und rund 470 Höhenmeter wieder runter mussten wir gestern bewältigen. Heute gilt es lediglich rund 300 Höhenmeter bergabwärts an der „Ruta de la Piedra y del Agua“ – die Straße der Steine und des Wassers – entlang zu überwinden, dann wird es auf dem flachen Land weitergehen.
Wie im frühen Mittelalter: die Camino Portugues Etappe von Armenteira nach Vilanova
Die Strecke macht ihrem Namen alle Ehre und führt uns über acht Kilometer hinweg an vielen Steinmühlengebäuden vorbei, die das Ufer des teils in kleinen Wasserfällen fließenden Rio Armenteira säumen und Zeugen längst vergangener Tage sind: Im frühen Mittelalter sollen sie nämlich bereits ihre Dienste geleistet und Getreide gemahlen haben.

Bei einigen Gebäuden stehen mehr oder minder nur noch die Reste der Außenmauern, andere wiederum sind vollständig restauriert. Das – wenn auch teilweise nur noch zu erahnende – Erscheinungsbild gleicht sich, mit Ausnahme eines Gebäudes, welches sich bei genauerem Hinsehen als eine Art „Sägewerk“ herausstellt.
Es ist interessant zu sehen und auf einigen Informationstafeln auch nachzulesen, wie in diesem Gebiet früher fast schon eine Art industriemäßige Verarbeitung von Korn und Holz erfolgt ist. Dieser „Lehrpfad“, dessen Aufbau bzw. Erhalt laut Abdruck auf den Infotafeln wohl von der EU unterstützt wird, ist wirklich gelungen und eine schöne Abwechslung auf dem Camino Portugues.

Rund ein Drittel der heutigen Pilgerstrecke haben wir geschafft, als sich die Atmosphäre verändert. Der Weg wird breiter und ist für Spaziergänger und Erholungssuchende aufbereitet, Laternen stehen am Rande, die für Licht in der Dunkelheit sorgen. Kurze Zeit später laufen wir schließlich an einer letzten Mühlen-Ruinen vorbei aus dem Wald heraus.
Abwechslungsreiche Camino Portugues Etappe
Ab jetzt wandern wir an der Seite des „Rio Umia“ weiter, bis sich der Hunger bemerkbar macht. Keiner von uns hatte heute Morgen richtig gefrühstückt und schnell sind wir uns einig in das vor uns liegende Lokal „Os Castaño“ (übrigens wirklich empfehlenswert!) einzukehren. Wir nehmen draußen Platz und genießen fröhlich plaudernd die frisch zubereitete Tortilla, hausgemachtes Brot und Käse aus der Region. Abschließend noch eine Creme Catalana und einen Espresso, dann mahnt uns der Blick auf die Uhr, dass es an der Zeit ist wieder aufzubrechen.

Hier unten in der Ebene, entlang des Flusses und an Feldern und Wiesen vorbei, geht der Jakobsweg gemütlich weiter. Außer uns dreien sieht man weit und breit keinen Menschen. Vögel zwitschern um die Wette, das Wasser zeigt sich klar und gibt den Blick bis auf den Grund frei. Alles hier wirkt wie ein einziges großes Naturschutzgebiet, nur mit dem Unterschied, dass es offensichtlich ganz natürlich seinen Zweck erfüllt und nicht „erklärtermaßen“.

Ab Barrantes wechselt dann das Landschaftsbild erneut ein wenig. Die Felder werden nun vor allem vom Rebenanbau geprägt. Die Gegend mit ihren großen Weingütern, Keltereien und zahlreichen Bodegas entpuppt sich als Weinparadies. Die hier kultivierte Albarino-Traube soll – so sagt man uns – zu einer der hochwertigsten weißen Rebsorten Spaniens zählen. Persönlich können wir uns heute leider nicht mehr davon überzeugen, haben wir doch ganz schön getrödelt und werden nun die letzten paar Kilometer bis Vilanova de Arousa durchgehen.
Etappenziel erreicht
Es ist kurz nach halb sechs Uhr als wir eine Brücke überqueren. In der Ferne sehen wir den Puerto Deportivo, von wo aus wir morgen nach Padron übersetzen werden. Dann noch ein paar Schritte weiter und es ist soweit: Wir sind am heutigen Etappenziel Vilanova de Arousa angekommen.

Nachdem wir unser Nachtlager im Hotel Bradomin aufgeschlagen und uns frisch gemacht haben, treffen wir uns nochmals mit Kerri und blicken bei einem kleinen Absacker gemeinsam auf den Tag zurück:
Der Abschnitt von Armenteira über die Variante Espiritual hat ein tolles Kontrastprogramm zu den entlang der Küste führenden Wegen geboten: eine abwechslungsreiche Landschaft, interessante Einblicke in die Arbeitsweise der Menschen im Mittelalter, Wissenswertes über spanische Weine und last but not least sehr unterhaltsame und kurzweilige Stunden mit Kerri als Weggefährtin.
Camino Portugues Etappe 10 von Armenteira nach Vilanova de Arousa . Impressionen
Als wir ins Zimmer zurückkehren, ist es schon recht spät. Das Boot, das uns morgen nach Padron bringt, legt jedoch erst um 14 Uhr ab. Wir haben also ausreichend Zeit, um gemütlich in unsere vorletzte Camino Portugues Etappe zu starten. Der Countdown ist eingeläutet…
>> Und so geht es weiter: Camino Portugues Etappe 11: How to meet George Clooney…
>> Was bisher geschah: Camino Portugues Etappe 9: Hallo „HelloWorld-Spirit“
Hallo aus Kiel,
Euer Pilgerreport ist super! Ihr versteht es, Fernweh zu wecken!
Eine kleine Frage habe ich noch: Wo finde ich zwischen Porto und Santiago de Compostela Pilgerunterkünfte? Und: Kann ich einen Platz für die Nacht schon von Deutschland aus reservieren?
Vielen Dank und bom caminho!
Hallo Helge, herzlichen Dank für Deine liebe Rückmeldung. Wenn es Dich auf den Camino Portugues zieht, ist es im Grunde kein Problem (Pilger-)unterkünfte zu finden, da die Infrastruktur am Weg sehr gut ausgebaut ist. In diesem Beitrag findest Du zwei GoogleMaps, in denen Herbergen eingetragen sind: https://www.hello-world.net/camino-portugues/ Und hier der Link zum Download des Unterkunftsverzeichnisses: https://www.hello-world.net/produkt/camino-portugues-unterkuenfte/ Allerdings muss man sagen, dass sich gerade in der heutigen Zeit Corona-bedingt immer wieder einmal die Verfügbarkeit der Unterkünfte ändert und es je nachdem, wann Du starten möchtest, auf jeden Fall ratsam ist, sich vorab zu informieren, damit Du nicht vor verschlossenen Türen stehst.… Weiterlesen »
Hallo,
jetzt bin ich im März den Camino gegangen. Dieser Teil war für mich der schönste Teil. Viel Natur, schöne Wege. Wir haben ihn Feenweg getauft. Danke für Eure Fortsetzung. Ich hoffe, ich höre noch viel von Euch und allseits
BC
Elke
Liebe Elke, über Deine Nachricht haben wir uns sehr gefreut und finden, dass „Feenweg“ auch ein schöner, wirklich passender Name für diesen wie auch wir finden traumhaften Abschnitt des Caminho Portugues ist. Was das Thema Natur und schöne Wege angeht, durften wir übrigens in letzter Zeit einiges erleben. Wir waren ja an der spanischen Nordküste von Irun bis Finisterre unterwegs und die Schönheit der Natur, die wir dort – insbesondere im Umkreis der Costa da Morte – gesehen haben, hat uns das ein oder andere Mal wirklich fast den Atem geraubt. Im Moment sind wir dabei unsere Erlebnisse und Routen… Weiterlesen »
Schön! Ich glaube, diese Etappe hätte mir auch gefallen. Sieht wirklich wie im Märchen aus. 🙂
Hallo Christina, wenn Du mal die Gelegenheit hast, die Strecke zu gehen, mach es! Du wirst es nicht bereuen. Liebe Grüße und einen schönen Sonntag. Andrea
diese Etappe ist nach meinem Geschmack Natur wenig Straßen und viel Pfade einfach nur super
Hallo Werner, ja, die Strecke ist wirklich toll. Überhaupt: Die ganze Variante Espiritual lohnt sich zu gehen und ist unseres Erachtens wirklich zu empfehlen. Viele Grüße Andrea