Abenteuer 100 Tage Südamerika Teil 5 . Oder: Bolivien im Zeitraffer

Bolivien im Zeitraffer“, so könnte man die Zeit unseres „Abenteuers 100 Tage Südamerika“ bezeichnen, die nach der dreiwöchigen Aufwärm- und Akklimatisierungsphase in Sucre folgte. 10 Tage, über 800 Kilometer, 17 Stopps und Stationen, großartige, bislang für uns unvorstellbare Landschaftsbilder, die Begegnung mit drolligen Vierbeinern und ein geselliges Dorfleben: Das Unterwegssein zwischen Sucre und La Paz war voller besonderer Augenblicke. Augenblicke, die wir in diesem fünften Teil mit allen Südamerika-Fans teilen und von denen wir vor allem auch wieder zahlreiche Bilder und Videos zeigen, um den Grund unserer Begeisterung für Bolivien besser (be-)greifbar zu machen.

Bereit zur Weiterreise quer durch Bolivien

Die Rucksäcke stehen gepackt im Hof unserer Unterkunft in Sucre. Hier haben wir unsere ersten Wochen in Bolivien verbracht. Es war eine schöne Zeit, spannend und interessant. Aber jetzt sind wir neugierig darauf, was dieses unglaublich große Land Bolivien noch zu bieten hat und nehmen Abschied von einer wunderbaren Stadt.


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Langsam ziehen wir das Gepäck auf den Rücken. Noch eine Umarmung, ein dickes Dankeschön an unsere Gastgeber, ein letzter Blick. Die Hoftür schließt sich hinter uns und damit das erste große Kapitel unseres „Abenteuers 100 Tage Südamerika“ – die „Lernphase“.

Mit spanischen Sprachkenntnissen für den Alltag gewappnet, kann es nun weiter gehen. Einmal quer durch (halb) Bolivien. Also „Auf zum Bus!“ oder besser gesagt erst einmal zum Busterminal von Sucre.

Museumsreif: das Busterminal in Sucre

Dort angekommen, fühlten wir uns ein wenig in die Zeiten von „Unsere kleine Farm“, „Bonanza“ & Co. zurückversetzt – nur standen damals weniger PS vor der Türe.

Der Aufenthalt ähnelte dem Gang durch ein Museum: bunte Ticketshops zusammengenagelt aus Holzbrettern, eine Gepäckaufbewahrungsstelle, die eher einem Fundbüro ähnelte, ein verwaister Post- und Paketschalter, ein gediegen wirkender, in dunklen Braun- und Rottönen gehaltener Wartesaal und nicht zu vergessen eine Ladestation für Handys, die zu einer Zeit entworfen schien, als das mobile Telefon noch gar nicht erfunden war …

Kleine Besichtigungstour im Terminal de Buses, Sucre.

Hier am Terminal de Buses gab es wirklich an jeder Ecke etwas zu entdecken, was uns die Wartezeit angenehm verkürzte. Aber irgendwann ging es dann doch los und rein in den Bus, in dem wir es uns für rund drei Stunden bequem machten.

Rauf auf die 4.000-Meter Marke

Unsere Route führte zunächst in eine der höchst gelegenen Städte der Welt, nach Potosi. Der Ort, in dem wir die nächste Akklimatisierungsstufe – die 4.000 Meter-Marke – erreichten, ist vor allem bekannt durch die Silberminen des Cerro Rico. Kurz überlegten wir, ob wir an einer der angebotenen Besichtigungstouren teilnehmen sollten. Aber schließlich begnügten wir uns jedoch mit einem Blick auf den Berg und fuhren am nächsten Morgen gleich weiter entlang der Hochebene des bolivianischen Altiplano.

Das Bild aus Bolivien, Südamerika, zeigt den Berg Cerro Rico bei Potosi mit der Einfahrt zur Silbermine.
Der Cerro Rico bei Potosi verdankt seinen Namen dem Silbervorkommen.

Rund fünf Stunden befanden wir uns „Irgendwo im Nirgendwo“. Lebenszeichen sahen wir auf der rund 200 Kilometer langen Strecke nur wenige. Hier und da mal ein paar Häuser am Straßenrand, vielleicht eine Handvoll Menschen …

Irgendwann aber erreichten wir schließlich trotz (Schnecken-)tempo von 40 bis 50 Stundenkilometern unser Ziel abseits der touristischen Standardrouten: Tupiza. In dem Ort, der auch als La Joya Bella de Bolivia (das schöne Juwel von Bolivien) bezeichnet wird, würden wir nun drei Tage lang unsere „Zelte“ aufschlagen“, um die nächsten Stationen zu planen, aber auch die direkte Umgebung etwas näher unter die Lupe zu nehmen.

Der Wilde Westen Boliviens

Schnell erkannten wir, dass die Kleinstadt und ihre Umgebung wohl nicht ohne Grund bereits als Kulisse von Western-Filmen dienten. Alles hier war so ursprünglich, fast unberührt. Die roten Farben des „Canyon del Inca“, die Schlucht Palala mit ihrem zu dieser Jahreszeit ausgetrocknetem Flussbett und die Felsenlandschaften mit einer eher kargen Vegetation aber riesigen Kakteen strahlten echte Wild-West-Romantik aus.

Wir liefen Berge und Anhöhen hoch und runter, am „Valle de los Machos“ vorbei, dessen optische Anmutung an das typisch männliche Geschlecht erinnert, und traten durch das Teufelstor – das „Puerto del Diablo“. Dahinter erblickten wir zwei Pferde im Schatten eines Baumes. Eine wahrhaft filmreife Szene.

Die Umgebung rund um Tupiza strahlt echte Wild-West-Romantik aus.

Tierbeobachtung am Rande von Tupiza

Vor allem aber waren es die Begegnungen mit drolligen Vierbeinern, die uns in diesen Tagen immer wieder zum Lachen brachten und von denen wir einfach nicht genug bekamen: Lamas in freier Wildbahn.

Ihre lustigen Gesichter und den unbeholfenen aber gleichzeitig auch majestätisch anmutenden Gang mussten wir unbedingt festhalten. Um uns zumindest ein paar Schnappschüsse dieser eher scheuen Spezies zu sichern, testeten wir in den Tagen also nicht nur unsere Kondition, sondern auch unsere Qualitäten als Tierfilmer. Dazu haben wir uns gefühlte Ewigkeiten mucksmäuschenstill hinter Büschen versteckt und auf vorbeiziehende Einzeltiere und Herden gewartet. Mit Erfolg. So manches Tier durften wir auf unseren Bildern verewigen und haben selbstverständlich hier auch ein paar Eindrücke für alle Interessierten mitgebracht.

Einfach nur zum Verlieben: Lamas in Bolivien

So großartig die Umgebung war, so sehr wunderte es uns, dass wir während unserer Tageswanderungen keiner Menschenseele begegneten. Mit einer Ausnahme: Zwei Reiter waren unterwegs und mehr als erstaunt, uns mitten im Canyon zu Fuß anzutreffen. Normalerweise, so erklärte man uns, würden Touristen – wenn überhaupt – in Tupiza nur kurze zwei- oder dreistündige Ausflüge zu Ross oder mit dem Jeep unternehmen. Meist sind sie jedoch nur auf dem Sprung um zur Haupttouristenattraktion Boliviens Nummer eins weiterzufahren: die Salar de Uyuni.

Überwältigende Schönheit der Natur

Wenngleich wir am liebsten auf eigene Faust die Gegend erkunden und dabei vorzugsweise Pfade abseits der Touristenströme nutzen, lag die größte Salzpfanne der Erde selbstverständlich auch auf unserer Reiseroute. Die Bilder dieser weißen, wüstenartigen Landschaft haben uns bereits während unserer Vorbereitungszeit so fasziniert, dass wir uns diese selbst ansehen wollten.

Das Bild aus Bolivien entstand in der Salar de Uyuni und zeigt den strukturierten Boden der Salzwüste, der den Sonnenaufgang spiegelt.
Die Salar de Uyuni in Bolivien bei Sonnenaufgang.

Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Denn auf der Weiterreise von Tupiza über die Salar de Uyuni bis nach La Paz konnten wir tiefer als erwartet in das Land Bolivien eintauchen. So manch grandiose (Fern-)sicht sorgte dabei für Momente der Sprachlosigkeit und ab und zu durchaus auch für ein wenig Ehrfurcht vor so viel Schönheit der Natur.

Bolivien lehrte uns die Ehrfrucht vor der Schönheit der Natur.

Dabei gab es aber nicht DAS Bild oder DIE Aussicht. Vielmehr erwarteten uns hinter jeder Ecke neue Eindrücke, die miteinander überhaupt nicht vergleichbar sind.

Gänsehaut in der Salar de Uyuni

Natürlich hat uns beim Anblick der bekannten Salar de Uyuni der Atem gestockt. Das Gefühl, dort draußen zu stehen, die unvorstellbare Weite einer insgesamt fast 11.000 Quadratkilometer großen Landschaft vor Augen. Alles um uns herum war ganz ruhig und minutenlang hörten wir nur den eigenen Atem und das Knirschen des gefrorenen Salzes unter den Füßen, während sich die rotfarbene Sonne Zentimeter für Zentimeter hinter dem Horizont Richtung Himmel schob. Ein überwältigender Moment, der nicht nur wegen der Kälte Gänsehaut verursachte.

Aber auch die Kakteeninsel Isla Incahuasi war unglaublich. Erstaunlich, wie mitten in der Salzwüste dieser Lebensraum mit teilweise über 10 Meter hohen und wie man uns sagte mehrere Hundert Jahre alten Gewächsen entstehen konnte.

Das Bild aus Bolivien zeigt die Kakteeninsel Isla Incahuasi mit Blick auf die Salar de Uyuni.
Mitten in der Salzwüste liegt die Isla Incahuasi – die Kakteeninsel.

Ebenso bewunderten wir die zahlreichen Lagunen, die teilweise vor traumhaften Bergkulissen mit ihren unterschiedlichen Farben bestechen. Grün-türkis, rot-braun, fast schwarz oder auch weiß: Jede für sich einzigartig.

Und nicht zu vergessen die surreal wirkende „Sol de Manana“, ein großes Geothermalgebiet voller kochender Schlammlöcher, Rauch und Schwefelgeruch auf fast 5.000 Metern Höhe. Dazu kamen noch die Sandwüste, Berge, Vulkane und unglaubliche Felsformationen, die unseren Blick anzogen. Ja, die Liste unserer unvergesslichen Eindrücke in diesen Tagen ist lang …

Die facettenreichen Landschaften in Bolivien sind ein Traum.

Aber da gibt es auch noch Eindrücke ganz anderer Art, die wir mit nach Hause genommen haben: das Kennenlernen einfachster Lebensbedingungen und eine unglaubliche (Gast-)Freundlichkeit.

Schnörkelloses Dorfleben

So unvorstellbar abwechslungsreich sich während der letzten Tage die Landschaft Boliviens präsentiert hat, so schlicht und schnörkellos hat sich während unseres Unterwegs-seins die eher charmant-dörfliche Seite Boliviens gezeigt. Den ganzen Tag fließendes (oder gar warmes) Wasser? Bei Nachttemperaturen zwischen -10 und -15 Grad eine Heizung im Zimmer? Rund um die Uhr Licht und Strom auf Knopfdruck? Oder gar eine Telefon- oder Internetverbindung? Fehlanzeige. All das, was für uns mehr als selbstverständlich ist, ist hier in den weit über das Land verstreuten kleinen und kleinsten Dörfern in keiner Weise Normalität.

Das Bild aus Südamerika, Bolivien, zeigt zwei kleine Steinhütten mit Strohdach und einer Steinmauer davor.
In dem wenig besiedelten Bolivien stößt man immer wieder auf ein paar einsam stehende Hütten.

Das Leben hier haben wir als einfach, extrem einfach kennengelernt. Glücklicherweise jedoch haben wir uns bereits in der Planungsphase unseres „Abenteuer 100 Tage Südamerika“ gedanklich auf die Umstände vor Ort vorbereitet und bei der Zusammenstellung unserer Ausrüstung auch die Minustemperaturen berücksichtigt. So verbrachten wir die kalte Nacht zum Beispiel in unseren wärmenden Schlafsäcken, haben die Bettlektüre „aus dem Smartphone“ zugunsten einer frühen Schlafenszeit und eines vollen Akkus ausgelassen und machten uns am Morgen mit einer eiskalten Katzenwäsche statt heißer Dusche startklar für den Tag…

Das Leben in den kleinen Dörfern Boliviens ist sehr einfach.

Ja, man mag es kaum glauben, aber auch außerhalb unserer gewohnten Komfortzone lässt es sich (zumindest für eine begrenzte Zeit) ganz gut leben, wenngleich wir einräumen müssen, dass es uns manchmal beim Anblick der Häuser schwer gefallen ist zu glauben, dass hinter den Mauern noch Leben herrscht.

Miteinander tanzen, miteinander lachen …

Doch was uns bei der ein oder anderen Erkundungstour durch die kargen Dörfer mit ihren schmalen sandigen Straßen am meisten überrascht hat: Es gab keine einzige Begegnung – weder mit jung noch alt, noch mit Mann oder Frau – bei der der Eindruck von „Armut“, wie wir sie zu Hause wahrnehmen, entstanden wäre.

Im Gegenteil. Hier, mitten in der Einöde Boliviens, meinen wir sehr deutlich zu spüren, dass der Besitz aller möglichen Gegenstände (zumindest in der derzeitigen Entwicklungsstufe) für die Menschen (noch) nicht unbedingt maßgeblich für den Grad ihrer Zufriedenheit ist. Vielmehr spielen unserer Beobachtung nach der soziale Kontakt und das „Miteinander“ eine wesentlich größere Rolle als das „Haben“. Und das merkte man an jeder Ecke.

Soziale Kontakte scheinen in Bolivien wichtiger zu sein als Besitz.

Überall begrüßen sich die Bolivianer, helfen sich gegenseitig, haben ein paar Worte für einander übrig – und erfreulicherweise auch für uns. Immer wieder wurden wir angesprochen, interessiert gefragt woher wir kommen, wohin wir gehen und haben Tipps für unsere Weiterreise erhalten. Als Krönung unserer bisherigen Tour durch Bolivien wurden wir dann sogar völlig unvermittelt eingeladen, bei einer Art (soweit wir verstanden haben) Muttertagsfest mitzufeiern.

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Mittendrin: Feiern und Tanzen in Bolivien

Eine solche Einladung konnten wir natürlich nicht abschlagen und so fanden wir uns kurze Zeit später zwischen einem guten Dutzend Dorfbewohnern auf einer Tanzfläche in einem kleinen geschmückten Saal. Eine Drei-Mann-Band stand auf einer provisorischen Bühne und spielte Musik. Miteinander tanzen, miteinander lachen…

Nur eine kurze Zeit lang, aber eine Zeit, die uns immer in Erinnerung bleiben wird und uns ein großes Stück näher an Bolivien und die Menschen des Landes heranführte. Ein schöner Abschluss für diese Phase des Unterwegs-seins, die wir als „Bolivien im Zeitraffer“ bezeichnet haben …

Zwischenstopp im bolivianischen Großstadtdschungel

Die folgenden Tage verbrachten wir in La Paz, wo wir wieder mitten im gewohnten Komfort saßen. Heißes Wasser, Licht, Stromanschluss und Internet waren hier so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen und zweifellos genossen wir auch unsere Streifzüge durch eine bunte Stadt zwischen Tradition und Moderne.

La Paz – Impressionen einer Stadt

Doch obwohl die Zeit im „Großstadtdschungel“ viel Spaß machte, so sehnten wir uns doch bald nach der nächsten „Offline-Phase“ in der wir noch weitere Facetten Boliviens kennenlernen sollten. Die bolivianischen Yungas und das Amazonasgebiet standen nun auf dem Programm und wie die Kinder freuten wir uns auf unser Abenteuer in der Wildnis. Und abenteuerlich wurde es in der Tat. Mehr dazu aber im sechsten Teil unserer Serie „Abenteuer 100 Tage Südamerika“, wenn wir alle Südamerika-Fans mit auf unsere Reise in den echten Dschungel Boliviens nehmen.

>> Und so geht es weiter: Abenteuer 100 Tage Südamerika Teil 6 . Oder: Abenteuerliche Busreise in Bolivien

>> Was bisher geschah: Abenteuer 100 Tage Südamerika Teil 4 . Oder: Auf geht’s nach Tarabuco!

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