Camino Portugues Etappe 4: Schwer verliebt in Portugal

Heute ist Samstag und die vierte Camino Portugues Etappe liegt vor uns, die uns von Viana do Castelo nach Ancora führen soll. Körperlich und mental geht es uns mittlerweile richtig gut. Die Strapazen der letzten Tage sind vergessen und selbst die Füße scheinen sich langsam von ihren Blasen zu erholen. Beste Voraussetzungen also, um weiter auf dem portugiesischen Jakobsweg unterwegs zu sein.

Wir starten mit einem ausgiebigen Frühstück am „Praça da República“. Es ist ein toller Platz: im Mittelpunkt ein Brunnen aus dem 16. Jahrhundert, daneben das ebenso alte Rathaus und rundherum wunderschöne, gepflegte alte Häuser. Es ist kurz nach 8 Uhr und noch sehr ruhig, doch während wir so bei Kaffee und Brötchen sitzen füllt sich langsam der Platz. Marktfrauen und Männer in Trachten gekleidet schlagen ihre Stände mit lauter selbst gemachten Köstlichkeiten auf. Kuchen, Tapas, Brot und vieles mehr locken zum Kauf.

Das Bild zeigt Marktfrauen am „Praça da República“ in Viana do Castelo, wo wir für unsere Camino Portugues Etappe nach Ancora einkaufen.
Marktfrauen am „Praça da República“ in Viana do Castelo.

Auch wir decken uns hier mit ein wenig Proviant ein, bevor wir durch kleine Gassen und dann entlang der Hafenpromenade Viana do Castelo langsam verlassen. Gerne hätten wir uns in dem Ort – der unseres Erachtens zu Recht als einer der schönsten auf der Strecke gilt – noch ein wenig länger umgesehen, aber das nächste Ziel ruft und so nehmen wir am Fuße der „Igreja da Senhora da Agonia“ Abschied und laufen Richtung Küste.

Um 9.30 Uhr erreichen wir den Atlantik. Der Himmel ist bewölkt, über dem Meer ist es etwas diesig, aber mit 16 Grad relativ warm. Nur vereinzelt sind Menschen am Strand zu sehen. Sie liegen im Sand, sitzen auf Felsen oder schlendern vor sich hin. Es ist schön, all dies so bewusst wahrzunehmen, hatten wir doch die letzten beiden Tage weniger Augen für die Umgebung, sondern eher mit uns selbst und unserem „Wohlfühlzustand“ zu tun. Nun genießen wir das „Drumherum“ umso mehr, bleiben immer wieder eine Weile stehen, atmen tief durch, schauen uns um und machen Fotos über Fotos, bis uns eine alte Frau unten am Wasser auffällt.

Dieses Bild wurde auf der Camino Portugues Etappe von Viana do Castelo nach Ancora aufgenommen und zeigt eine alte Frau am Strand, die einen Schubkarren hinter sich herzieht.
Eine alte Frau kämpft sichtbar mit der Last ihres Holzkarrens.

Barfüßig, mit Schürze und Sonnenhut bekleidet, versucht sie mühsam und immer wieder stolpernd einen voll mit Algen beladenen Holzwagen hinter sich herzuziehen. Mit jedem Meter graben sich die Räder weiter in den Sand und man sieht ihr deutlich an, wie schwer ihr jeder Schritt fällt. Einen kleinen Moment betrachten wir das Geschehen, bis Nico kurzerhand entschließt zu helfen und zu ihr läuft. Ohne jegliche Berührungsängste übergibt sie ihm sichtbar erleichtert das Gefährt und sie laufen gemeinsam zum Straßenrand. Schmächtig, weit über 80 Jahre, mit einem von Wind, Wetter und dem Leben gezeichnetem Gesicht aber voller Lebensfreude in den Augen steht sie da, als sie Nico mit unzähligen Gesten den Zweck ihrer morgendlichen Sammelaktion erklärt: Die Algen benötigt sie offenbar zum Heizen. Eine kräftezehrende Art, sich ein wenig Wärme für den Winter zu sichern. Voller Respekt verabschiedet sich Nico und kehrt sichtlich beeindruckt von dieser Begegnung wieder an den Strand zurück.

Dieses Bild von der vierten Camino Portugues Etappe zeigt Nico wie er den Karren für eine alte Frau am Strand entlang zieht.
Gemeinsam geht es besser… Bei unserer vierten Camino Portugues Etappe von Viana do Castelo nach Ancora packt Nico mit an.

Wir setzen unseren Weg fort. Auch heute geht es viele Kilometer an der Küste entlang, erst auf den Holzplanken, später wechseln wir direkt an den Strand. Bis auf eine kurze Unterbrechung, die uns durch einen kleinen Wald wie aus Grimms Märchen führt, laufen wir für den Rest des Tages direkt am Meer. Ohne Schuhe, den Sand unter den Füßen spüren, ab und zu einen Schritt ins Wasser wagen: Das macht so viel Spaß, dass wir zeitweise sogar die Kilos auf unserem Rücken vergessen.


LESETIPP:  Du planst Deine eigene Reise auf dem portugiesischen Jakobsweg und suchst nach nützlichen Informationen? Im Beitrag „Camino Portugues: alle Infos für Deine Vorbereitung“ findest Du übersichtlich und kompakt alles Wichtige zusammengefasst.


Am frühen Abend erreichen wir das Ziel unserer Camino Portugues Etappe von Viana do Castelo nach Ancora, ein kleines Örtchen im Landkreis „Caminha“. Während wir uns nach unserem Nachtquartier in der „Pousada Farol do Portinho“ umsehen, hören wir aus der Ferne Musik. Da muss irgendwo ein Fest sein! Kurzentschlossen laufen wir den Menschenmassen hinterher bis zu einem Platz, der mit lauter kleinen Ständen und Sitzgelegenheiten bestückt ist. Wir schauen uns um und beschließen hier zu Abend zu essen. Das Angebot ist nicht groß, aber es werden – wie auch heute Morgen auf dem Markt – lauter selbstgemachte Leckerbissen verkauft. Eingelegte Sardinen, geräucherte Chorizo, frisch gebackenes Brot, Käse…

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Einfach aber gut: Liebevoll präsentieren die Portugiesen ihre Leckereien beim „Erntedank-Fest“.

Mit einer Auswahl an Essen setzen wir uns auf eine der Holzbänke neben eine Gruppe Portugiesen und machen schnell Bekanntschaft mit einem der Anwesenden: Ein Portugiese, schätzungsweise Mitte fünfzig, seit vielen Jahren in Belgien lebend, begrüßt uns und erklärt, dass wir uns auf einer Art „Erntedank-Fest“ befinden. Kein „Touristenzirkus“, wie er es nennt, sondern eine Veranstaltung für die heimische Bevölkerung. Und so ist es auch: Um uns herum vor allem Portugiesen – jung wie alt zusammen feiernd. Man reicht uns einen Becher neuen Wein. Dankeschön. Eine Musikkapelle macht sich bereit und zieht über den Platz, Menschen singen mit, klatschen. Es ist schön hier, unkompliziert. Man kommt sich gar nicht fremd vor inmitten der Portugiesen, sondern herzlich willkommen.

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Leider wird der Feierlaune kurze Zeit später durch den einsetzenden Regen ein Ende bereitet. Immer mehr verlassen das Fest und auch wir brechen auf, das Lied der Musikkapelle noch in den Ohren.

Camino Portugues Etappe 4 von Viana do Castelo nach Ancora . Impressionen

Bald stehen wir vor unserer Unterkunft, checken ein und machen uns fertig für die Nacht. Fast schon routinemäßig gehen wir den Systemcheck durch und überlegen, ob es wichtige Learnings gab:

Der persönliche „Systemcheck“:

  • Andrea: Gute Besserung bei den Blasen an den Füßen.
  • Nico: keine Besonderheiten
  • Beide: Lediglich die Innenbänder der Fußknöchel und die Achillessehnen scheinen aufgrund der langen, barfüßigen Wanderung durch den Sand etwas gereizt zu sein.

Die Learnings der vierten Camino Portugues Etappe

  • keine

Das war’s. Ein kurzer und knackiger „Rapport“, mehr gibt es heute nicht zu sagen. Doch noch eines: Wir sind schwer verliebt! In Portugal und in die Portugiesen. Schade, dass wir morgen das Land verlassen werden, denn die fünfte Camino Portugues Etappe führt nach Spanien …

>> Und so geht es weiter: Camino Portugues Etappe 5: Über Camino-Sherpas & Co.

>> Was bisher geschah: Camino Portugues Etappe 3: Die kleinen Dinge im Leben…

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