Abenteuer 100 Tage Südamerika . Teil 8 . Auf Wanderschaft in Peru

Nun war es soweit: Unser „Abenteuer 100 Tage Südamerika“ führte uns endlich nach Peru. Nach rund sieben Wochen Aufenthalt in Bolivien freuten wir uns nun darauf, auch das drittgrößte Land Südamerikas ein wenig näher kennenzulernen.

Mitten in der Nacht kamen wir von Copacabana aus am bolivianisch-peruanischen Grenzübergang bei Yunguyo an und verließen den Bus, da der Länderwechsel per Pedes erfolgte. Mit unseren Reisedokumenten in der Hand liefen wir zum bolivianischen Grenzhäuschen und tauschten unser ausgefülltes „Migrationsformular“ gegen einen Ausreisestempel. Es folgte ein kurzer Gang durch ein Niemandsland voller Buden, an denen wir für unsere letzten Bolivianos ein paar Snacks kauften, dann standen wir vor dem peruanischen Grenzposten. Er winkte uns heran und schon zierte ein weiterer Stempel die Seiten unseres Reisepasses und würde uns von nun an immer daran erinnern, wann wir das erste Mal einen Fuß nach Peru gesetzt haben.

Dieses Bild aus Peru zeigt das Terminal Terreste de Arequipa am frühen Morgen.
Das Terminal Terreste de Arequipa in Peru am frühen Morgen.

Morgens gegen fünf Uhr kamen wir an, am „Terminal Terrestre de Arequipa“. Auf dem beleuchteten Bussteig war bereits einiges los, im Inneren der Halle jedoch noch gähnende Leere, die Verkaufsstände geschlossen. Wir traten nach draußen, hielten nach einem Taxi Ausschau und sanken schließlich müde auf den Rücksitz eines in die Tage gekommenen Fahrzeugs. Die gut zehn stündige Busfahrt steckte uns in den Knochen und wir waren froh angesichts der Aussicht, in Kürze in einem Bett zu liegen.

Unseren frühzeitigen Check-In – normalerweise ist dieser erst ab 10 Uhr möglich – hatten wir glücklicherweise im Vorfeld mit der Unterkunft vereinbart und wurden dort trotz früher Stunde herzlich in Empfang genommen und mit einem kleinen Frühstück überrascht. Nach Kaffee, Brötchen, etwas Obst und einer ausgiebigen Dusche fühlten wir uns wie neu geboren. Schlafen kam jetzt nicht mehr in Frage. Draußen strahlte die Morgensonne und wir entschlossen sofort zu einer Erkundungstour aufzubrechen.


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Arequipa: eine Ein-Millionen-Stadt mit Flair

Erst führte uns der Weg am Fluss entlang zu einem Aussichtspunkt am Stadtrand, von dem aus wir den Misti, einen 5.800 Meter hohen Vulkan und Wahrzeichen der Stadt, vor Augen hatten. Links davon konnte man den 6.000 Meter hohen Vulkan Nevado Chachani sehen. Wenn man bedenkt, dass die Zugspitze in Deutschland noch nicht einmal 3.000 Meter misst, eine unglaubliche Höhe. Dennoch kamen uns die Berge gar nicht so riesig vor, was vermutlich daran lag, dass wir uns in Arequipa bereits auf 2.300 befanden.

Dieses Bild wurde in Arequipa, Peru, aufgenommen und zeigt den Blick auf den Vulkan Misti, das Wahrzeichen der Stadt.
Wahrzeichen von Arequipa: der Vulkan Misti

In einem großen Bogen liefen wir weiter durch verschiedene Wohnviertel, dann zurück zum Zentrum. Beim stundenlangen Gang durch die Straßen stellten wir schnell fest, dass es zwischen Arequipa und dem liebgewonnenen, bolivianischen Sucre einige Gemeinsamkeiten gab:

Beide Städte sind geprägt durch ihre hellen Gebäude, Mauern und Hausfassaden und werden entsprechend sowohl in Peru als auch in Bolivien als „Ciudad Blanca“ – die „weiße Stadt“ – bezeichnet. Im Zentrum beider Städte trifft man auf historische, mehrere hundert Jahre alte religiöse Bauwerke aus der Kolonialzeit. Und: Das historische Stadtzentrum beider Städte findet sich in der Liste der Welterbestätten der UNESCO wieder.

Impressionen aus der Ciudad Blanca von Peru

Aber nicht nur die Äußerlichkeiten, sondern auch die belebte und doch entspannte Atmosphäre der zwischenzeitlich fast Ein-Millionen-Einwohner „Metropole“ Perus erinnerte uns an Sucre. Besonders spürbar wurde dies am zentral gelegenen „Plaza de Armas“ mit seinen Palmen, Brunnen und Parkbänken. Obwohl Arequipa weit mehr als drei Mal so viele Einwohner zählt als Sucre, so findet man hier am Plaza dennoch ein beschauliches Plätzchen zum Verweilen mit direktem Blick auf die spektakuläre Kathedrale von Arequipa.

Bei Nacht in der „Ciudad Blanca“ von Peru

Besonders am Abend, wenn der Platz wie ein Weihnachtsbaum beleuchtet ist und sich die hell erstrahlenden Glockentürme der Kathedrale vom dunklen Nachthimmel abheben, kann man überall Menschen beobachten, die ihre Kamera zücken, um die phantastische Kulisse festzuhalten.

Arequipa bei Nacht

Beim Anblick der in warmen Licht eingetauchten Straßen schien es, als würde ein ganz besonderer Zauber über Arequipa liegen. Es ist ein Zauber längst vergangener Jahre, den die beleuchteten dicken Mauern, die Gewölbe und mit Säulen verzierten Gebäude ausstrahlen. Einfach nur wunderschön, dieses „Nachtleben“ in Arequipa. Darauf mussten wir unbedingt anstoßen!

Pisco Sour: der Crashkurs

Der Ort unserer Wahl war das „Museo del Pisco“, eine Bar voll mit – wen wundert‘s – Pisco, die uns auch die nächsten Tage magisch anziehen sollte. Wir nahmen Platz an dem langen Tresen, bereit die Bestellung eines „Pisco Sour“ aufzugeben. Doch so einfach schien der Weg zum Genuss des Nationalgetränks Perus dann doch nicht zu sein. Nach einer kleinen „Shakerrunde“ mit dem Barkeeper war klar: Selbst ist der Mann. In unserem Falle hieß dies Nico ab hinter die Bar zum Crashkurs in Sachen Pisco Sour. Da ließ er sich natürlich nicht zwei Mal bitten.

Ausgiebig klärte ihn der Barkeeper über die Zutaten und die Mischungsverhältnisse auf. Wohl dosiert gelangten Tropfen für Tropfen der unterschiedlichen Flüssigkeiten in den Cocktailshaker, dann ein Glas drauf und los ging es. Gut zwei Minuten hieß es „Shake it Baby“ und Nico und der Barkeeper mixten um die Wette.

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Laut klackerte immer wieder das Eis gegen die metallene Wand des Mixgefäßes bis schließlich Ruhe einkehrte und der große Moment gekommen war: Die Mixtur war fertig und der Drink wurde kunstvoll in Cocktailschalen angerichtet. Nun tranken wir also unseren ersten echten (selbstgemixten) Pisco Sour. Salud!

Über Chivay ins Colca Tal

Nach drei ausgiebigen Stadtbesichtigungen und ausschweifenden Nächten in der Pisco Bar – übrigens ohne jegliche Nachwehen und komplett katerfrei – war es Zeit weiterzuziehen. Unser nächster Programmpunkt stand fest: ein Besuch des Colca Canyon.

Allerdings hatten wir uns nicht zu einer der in den Touristenbüros angebotenen Fahrten zum populären Aussichtspunkt „Mirador Cruz del Condor“ entschieden. Sich mit unzähligen Reisegruppen am frühen Morgen an einem Platz zu versammeln, um den König der Lüfte beim Fliegen zu beobachten, reizte uns nicht sonderlich. Vielmehr waren wir wie immer gespannt auf die weniger touristische Seite des Colca Canyon und wollten auf eigene Faust einige Tage durch die Schlucht wandern, die mit einer Tiefe von bis zu 3.269 Metern als die zweittiefste der Welt gilt.

Über den Pata-Pampa-Pass erreichten wir mit dem Bus zunächst den ersten Zwischenstopp: Chivay. In dem kleinen gemütlichen Ort, der als „Tor zum Colca Canyon“ bezeichnet wird, wollten wir uns ein paar Stunden umsehen und landeten unvermittelt in einem Volksfest.

Volksfeststimmung in Chivay

Von Weitem, während wir noch von der Haltestelle durch die kleinen Seitenstraßen schlenderten und uns neugierig umsahen, hörten wir bereits die Klänge von Blasinstrumenten, die Richtung Dorfmitte lauter wurden. Rund um einen großen Platz waren schätzungsweise 500 Menschen versammelt. Frauen, Männer, Mädchen und Jungs waren auf den Straßen und tanzten und klatschten fröhlich in ihren bunten Trachten zur Musik der Kapelle.

Es herrschte im wahrsten Sinne des Wortes eine „Volks“-feststimmung. Das peruanische Volk feierte. Es feierte für sich und miteinander. Ganz authentisch, ohne Effekthascherei und Anwesenheit von Touristen – mit Ausnahme von uns selbst.

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Vom Standpunkt eines Peru-Touristen – eine kritische Anmerkung

Angesichts der Lebensfreude, Ausgelassenheit und Fröhlichkeit der Menschen auf der Straße erinnerten wir uns etwas nachdenklich an einschlägige Blogbeiträge. Von „Fotomodellen“ ist da immer wieder mit vorwurfsvollem Unterton und mitleidigen Worten die Rede, von Frauen und Kindern, die „ihre schönsten Kleider anziehen und ihr Sonntagslächeln aufsetzen“, um mit den Touristen Geld zu verdienen und „gegen ein paar Sol ein Klischee von Peru verkaufen“.

Wir selbst spüren an diesem Nachmittag davon nichts. Im Gegenteil. Niemand hier hält die Hand auf und bittet um ein paar Sol oder bietet uns gar aktiv ein Foto gegen Trinkgeld an. Ja, es mag sein, dass das an manchen Plätzen vorkommt. Doch wenn dies die einzig bleibenden Eindrücke einer Reise durch ein phantastisches Land und durch wunderschöne Orte sind, sollte sich der ein oder andere Reiseberichterstatter vielleicht einmal folgende Frage stellen: Wie sehr bemüht man sich darum, dem authentischen Peru zu begegnen anstatt sich lediglich einer Reisegesellschaft anzuschließen, die einen just an die Stellen bringt, an denen für ein paar Minuten zur Unterhaltung der Touristen „Authentizität“ organisiert wird.

Auch in Peru gilt: Wer sich nur an vororganisierte Haltepunkte begibt, reist am authentischen Leben vorbei.

Wer sich nur an den Haltepunkten vororganisierter Reisen entlang bewegt, sich an Orte begibt – die ohne Aufwand mit Bus und Auto zu erreichen sind, die in jedem Reisekatalog und -führer stehen und dort durch die Gegend rennt, als gäbe es einen Preis für die meisten „Abschüsse“ von Sehenswürdigkeiten und Sehenswertem, sollte sich über das Ergebnis nicht wundern …

Unterwegs im Wanderparadies Colca Canyon

Für uns ganz persönlich sind es gerade die mit Anstrengung verbundenen Ereignisse außerhalb der „Convenience-Pfade“, die das Unterwegs sein in fremden Ländern wertvoll machen und zu echten, authentischen Erlebnissen führen. Die bevorstehende Trekkingtour im Colca Canyon sollte dafür wieder einmal der beste Beweis sein.

Nach dem Zwischenstopp in Chivay ging es für weiter nach Cabanaconde. Von dort aus brachen wir am nächsten Morgen mit einer Trekking-Map im Gepäck in den Colca Canyon auf. Drei Tage lang – man hätte hier locker eine Woche verbringen können – sollte uns die Schlucht in ihren Bann ziehen.

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Bereits der Weg weg vom Ort und hin zum Einstieg in das Tal ließ erahnen, dass eine tolle Zeit vor uns liegen würde. Die schneebedeckten Berge in der Ferne, rote Geranien am Wegrand, die grünen Felder, auf denen Bauern arbeiteten, das Plätschern eines Baches durch den gerade eine kleine Herde Pferde trabte: Ein kleines Paradies, das unsere Kondition allerdings im Laufe der Zeit auf die Probe stellen sollte.

Auf in die Tiefe

Am Einstieg der Trekking-Route angekommen fiel unser Blick in die Tiefe. Rund 1.200 Meter würde es am ersten Tag nach unten gehen, dort hin, wo sich der Rio Colca sein Flussbett zwischen den steilen Berghängen gegraben hat. Knapp vier Stunden für eine Distanz von lediglich acht Kilometern lagen laut Plan vor uns. Nochmal kurz die Getränke aus dem Rucksack rausholen, ein wenig Flüssigkeit zu sich nehmen und los ging es. Schritt für Schritt auf einem zu Beginn noch breiten und gut zu begehenden Weg entlang, rechts neben uns hoch hinausragende Felswände, links der Blick in das Tal.

Dieses Bild zeigt den Blick in das Tal des Colca Canyon, Peru, in dem unten ein Fluss fließt, der von schroffen Felswänden umrahmt wird.
Malerisch: Blick in das Tal des Colca Canyon

Immer wieder blieben wir stehen. Nicht weil wir außer Atem kamen, sondern weil wir nicht genug bekommen konnten, von dieser kargen Landschaft. Mit jedem Schritt, der uns tiefer in den Colca Canyon hineinführte, wurde uns bewusster, wie unglaublich gewaltig diese Umgebung ist. Der zweittiefste Canyon der Welt!

Nachdem wir den ersten Aussichtspunkt passiert hatten, veränderte sich langsam der Weg. Immer schmaler wurde die Spur, immer steiniger und steiler. Nun waren wir mittendrin. Und: ganz alleine.

An diesem Tag hatten wir das Gefühl, dass die Zeit stillsteht. Gemächlich legten wir Höhenmeter für Höhenmeter zurück, ohne Blick auf die Uhr. Erst als die Brücke über den Rio Colca vor uns auftauchte, bemerkten wir, dass die Felswände Schatten warfen und der eben noch sonnendurchflutete Canyon dunkler wurde. Endlich angekommen am Fuß des Canyon machten wir Pause, saßen einfach nur da und lauschten dem Fluss …

Dieses Bild zeigt einen Abschnitt des Rio Colca im Colca Canyon, Peru, der tiefgrün zwischen den Felswänden fließt.
Der smaragd-grüne Rio Colca fließt durch eine der tiefsten Schluchten der Welt.

Es war wirklich phantastisch hier unten. Doch viel Zeit blieb uns nicht. Langsam sollten wir weitergehen, denn sehr lange würde es nicht mehr hell sein und wir mussten noch eine Unterkunft finden.

Beim folgenden kurzen aber steilen Aufstieg spürten wir die aufkommende Müdigkeit, doch dann sahen wir endlich ein paar strohbedeckte Dächer und den Hinweis „Posada Gloria“ auf einen Stein geschrieben. Wir mussten kurz vor San Juan de Chucco sein, fast am Tagesziel.

Tagesziel erreicht: San Juan de Chucco

Während wir noch über eine Anlaufstelle für die Nacht nachdachten, kam uns eine quirlige junge Frau entgegen. Es war Gloria, die im Ort Übernachtungsmöglichkeiten für Backpacker anbot. Der Raum, in den sie uns führte, war einfach und zweckmäßig eingerichtet. Ein Bett, zwei dicke Decken für die kalte Nacht, ein Stuhl, ein Nachtisch mit einem kleinen Öllämpchen – bestens, mehr brauchten wir auch nicht. Ja, hier werden wir die Nacht verbringen und wir stellten angesichts der eintretenden Dunkelheit erleichtert unsere Rucksäcke ab.

Nach einer ausgiebigen (eiskalten) Katzenwäsche versorgte uns Gloria mit einer warmen Suppe, Reis und Fleisch. Hausmannskost und wirklich köstlich. Wir unterhielten uns ein wenig, erfuhren, dass der Weg hier her nur zu Fuß oder mit Pferd oder Muli möglich sei. Keine Busse, Autos oder Tagesausflügler. Schön, hier waren wir richtig …

Dieses Bild zeigt den Blick in eine Küche im Colca Canyon, Peru, in der Mitte ein Steinofen, in dem Feuer brennt, darüber hängen Töpfe.
Schlicht: Küche im peruanischen Haushalt im Colca Canyon

Nach einer sehr erholsamen Nacht zauberte uns Gloria mit einfachsten Mitteln an ihrer Kochstelle ein phantastisches Frühstück. Frische Pfannkuchen mit Früchten, Rührei und Avocado wurden serviert. Dazu Kaffee oder wahlweise Coca-Tee. Wir entschieden uns für Letzteres. Mit Coca soll schließlich die Sauerstoffaufnahme verbessert und der Körper leistungsfähiger werden. Wenn wir an das Auf und Ab denken, das uns die nächsten beiden Tage im Canyon noch erwarten sollte, eine ebenso sinnvoll erscheinende Investition wie der Kauf einiger Cocablätter, die uns ein freundlicher Bauer am Nachmittag unterwegs anbot.

Von Bergdörfern und Einwohnern

Die Begegnungen mit den Bewohnern der Dörfer waren übrigens durchgängig angenehm, warmherzig und hoch authentisch!: der Mann vor der Kirche in Malata, der uns über die Aufzucht von Meerschweinchen aufklärte, die Frau, die mit Esel und Hund unseren Weg kreuzte, die musikbegeisterte Schäferin, die nie ohne ihr tragbares Radio aus dem Haus geht (wie die Empfangsqualität ist, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen) die vermutlich sehr alte Dame, die uns geduldig den richtigen Weg wies, als wir uns einmal verlaufen hatten, die herzerfrischend fröhlichen Kinder …

Peru beschenkte uns im Colca Canyon mit vielen kleinen Glücksmomenten.

Jeder von ihnen trug dazu bei, dass unser Unterwegs hier im Colca Canyon etwas ganz Besonderes war, voll mit kurzen Glücksmomenten, wenn man spürte, wie nah man auch als Fremder den Einheimischen sein kann.

In tierischer Begleitung durch den Canyon

Die Wanderschaft durch den Colca Canyon faszinierte uns und wir genossen die Langsamkeit des Unterwegs-seins, die uns am letzten Tag allerdings auch ein wenig in die Bredouille brachte.

Faszinierend: die Aussichten im Colca Canyon

Am Vormittag liefen wir erst einmal einige Stunden abwärts und überquerten wieder den Rio Colca, um auf die Strecke zurück nach Cabanaconde zu gelangen. Als der Weg langsam begann nach oben zu führen, lag bereits eine fast vierstündige Wanderung hinter uns. Wir breiteten unsere Trekking-Map aus und warfen sicherheitshalber noch einmal einen Blick auf die angegebene Distanz und Zeit. Drei Stunden und dreißig Minuten waren genannt, um rund 1.200 Höhenmeter nach oben zu kommen und dabei fünf Kilometer zurückzulegen. Rechnen wir sicherheitshalber noch eine Stunde dazu, müssten wir voraussichtlich gegen 17 Uhr am Ziel sein – gut eine Stunde, bevor die Sonne untergeht.

Voller Energie starteten wir also zum Endspurt unserer Colca Canyon-Tour – mit Hundegebell im Ohr. Noch ehe wir es uns versahen, hatten wir einen vierbeinigen Begleiter, der uns an diesem Tage nicht mehr von der Seite weichen sollte. Zufall? Oder ahnte der Hund, dass er uns noch eine große Hilfe sein würde, um wohlbehalten aus dem Canyon herauszukommen?

Eine ganze Weile liefen wir gemeinsam mit ihm den Berg hinauf. Eine schweißtreibende und extrem anstrengende Angelegenheit. Die Sonne brannte vom Himmel, kein Lüftchen bewegte sich, nirgendwo Schatten. Gestikulierend wollten wir unserem neuen Freund zu verstehen geben, er solle umkehren, dahin zurück, wo er hergekommen ist. Die Vorstellung, dass er sich ohne Wasser ganz alleine in den Bergen durchschlagen muss, war fast unerträglich. Doch wir bemühten uns vergeblich um einen Abschied von dem kleinen Gesellen. Schritt für Schritt folgte er uns brav auf seinen Pfoten weiter den Canyon hinauf.

Dieses Bild zeigt einen Hund im Colca Canyon, Peru, der am Rand des steilen steinigen Weges steht und in die Ferne blickt.
Trotz brennender Hitze folgte uns Perro in die Schlucht.

Verpasste Transportchance

Immer häufiger machten wir eine Pause, teilten unser Wasser mit unserem Begleiter. Spürbar ließen die Kräfte nach. Die Hitze machte uns zu schaffen und wir griffen zu den Coca-Blättern, die wir vor zwei Tagen gekauft hatten. Vielleicht würden sie uns die notwendige Energie für den restlichen Aufstieg geben. Die Chance auf bequemere Weise nach oben zu kommen, hatten wir nämlich bereits verpasst.

Einige Reiter, die uns mit ihren Pferden am Hang entgegenkamen, hatten uns in den letzten Stunden ihre Transportdienste angeboten. Normalerweise sorgen sie in diesem schwer zugänglichen Gebiet dafür, Waren auf dem Rücken der Pferde zu den Dorfbewohnern zu bringen, bieten aber auch Wanderern an sie zum Ziel zu bringen oder den Gepäcktransport zu übernehmen. Wir hatten dankend abgelehnt, wollten wir unsere Tour doch so beenden, wie wir sie begonnen hatten: zu Fuß.

Das Bild aus dem Colca Canyon, Peru, zeigt einen Mann auf einem Pferd, dahinter ein weiteres Pferd, die einen steinigen Weg hinab reiten.
Dort wo kein Auto hinkommt, übernehmen Pferde und Mulis die Transportdienste.

Wir durften uns also nicht beklagen. Für die Situation am späten Nachmittag mitten im Canyon zu sein und zu spüren, wie es langsam kühler wird und die Sonne untergeht, waren wir selbst verantwortlich.

Es blieb uns nichts übrig, als weiter einen Fuß vor den anderen auf den schmalen Pfaden zu setzen. Nur nicht nachlassen und konzentrieren, denn jeder Ausrutscher auf den teilweise sehr steilen Abschnitten des Weges könnte unglücklich enden.

Im Dauerlauf nach Cabanaconde

Als die Dunkelheit anbrach waren wir noch fast 45 Minuten von Cabanaconde entfernt. Die meisten Höhenmeter hatten wir hinter uns, wussten jedoch nicht, wo wir uns befanden. Nun kam „Perros“ (spanisch für Hund) Einsatz. Wir können nicht erklären weshalb, aber wir vertrauten voll und ganz darauf, dass uns der Vierbeiner sicher aus diesem Gebiet bringen würde und sollten nicht enttäuscht werden. Er erwies sich tatsächlich als exzellenter Führer und Beschützer.

Im Halbdunkel folgten wir ihm das letzte Stück des Hanges hinauf, dann durch einen Bachlauf. Vage erkannten wir, dass wir uns inmitten von Feldern befanden, die durch kniehohe Steinmauern voneinander getrennt waren. Ob Hunde dieses Gebiet nachts gegen Eindringlinge schützen? Die Antwort kam sofort. Ein ohrenbetäubendes, lautes Gebell erschallte.

Draußen auf dem Feld sahen wir den Umriss zweier Hunde, die direkt auf uns zukamen und blieben starr vor Schreck stehen. Kein Mensch in Sicht, der ihnen Einhalt gebieten würde, nirgendwo eine Möglichkeit zu entkommen und das Unheil kam blitzschnell näher. Normalerweise sollte man nicht weglaufen, aber uns war klar, wir müssen raus aus der Situation, jetzt! – und begannen zu rennen, ohne den Weg genau zu sehen, einfach nur weg von hier.

Perro stimmte in das Gebell mit ein. Wir blickten hinter uns. Er lief in entgegengesetzter Richtung, blieb dann kurz stehen, bellte erneut, lief wieder los. Es schien, als wolle er die Angreifer von uns ablenken und: es gelang ihm. Die Hunde folgten nun unserem treuen Begleiter, wir rannten weiter bis wir an einer Straße waren. Wir sahen Lichter, ein Haus und blieben stehen, lauschten in die Nacht. Nur ganz in der Ferne bellte noch ein Hund. Ansonsten Stille. Unsere ganzen Gedanken drehten sich um Perro. Wir riefen nach ihm, gingen ein kleines Stück zurück. Er war nirgendwo in Sicht. Sollte er Opfer der beiden Hunde geworden sein?

Ein Hauch von Hollywood in Peru

Tieftraurig bei dem Gedanken an Perro landeten wir am Ortsrand, hörten Stimmen, dann traffen wir die ersten Menschen auf der Straße. Wir waren in Sicherheit. Doch was war mit dem Hund? Wieder drehten wir uns um. Perro! riefen wir. Stille. Wir riefen lauter Perro!!! Dann endlich erreichte es uns, das erlösende leise „Wuff“ aus der Dunkelheit. Es dauerte noch einen langen Moment, dann lief unser vierbeiniger Begleiter sichtlich erschöpft aber ansonsten wohlbehalten aus dem Schatten der Bäume heraus und schwanzwedelnd auf uns zu. Unser kleiner Held!

Am liebsten hätten wir ihn eingepackt, doch blieben uns lediglich ein paar dicke Kuscheleinheiten und ein riesiges Wurstpaket, das uns einer der Anwohner freundlicherweise organisierte, um Danke zu sagen. Noch eine letzte Streicheleinheit, dann heißt es endgültig „Lebe wohl“. Ein Ende wie in einem kitschigen Hollywood-Film …

Dieses Bild wurde bei einer Wanderung im Colca Canyon, Peru, aufgenommen und zeigt Nico auf einem Weg mit einem Hund, der vor ihm sitzt
Danke für die gemeinsame Zeit im Canyon, Perro.

Überhaupt waren viele Momente des Unterwegs-seins durch den Colca Canyon filmreif. Die Landschaft, die Menschen, die kleinen Bergdörfer, die Einblicke in das einfache Leben: All dies wird uns in Erinnerung bleiben und wir hoffen eines Tages auf eine Fortsetzung des Kapitels „Trekking durch die zweittiefste Schlucht der Welt“.

Nun sollten aber erst einmal noch jede Menge anderer Erlebnisse auf uns warten. Unsere Reise geht weiter nach Cusco, der Hauptstadt von Peru, die sich als äußerst touristisch erweisen sollte. Doch erstaunlicherweise hatten wir auch hier wieder die Chance zwischen all den Reisenden, Tourenveranstaltern, Souvenirläden und Inszenierungen alter Kulturen am echten Leben der peruanischen Bevölkerung teilzuhaben. Mehr dazu im neunten Teil unserer Serie „Abenteuer 100 Tage Südamerika“ wenn es heißt: So feiert Peru!

>> Und so geht es weiter: Abenteuer 100 Tage Südamerika Teil 9 . So feiert Peru! Zwei Gesichter eines Festivals

>> Was bisher geschah: Abenteuer 100 Tage Südamerika . Teil 7 . Dschungelgeschichten aus Bolivien

 

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