Camino Portugues Etappe 11: How to meet George Clooney…

Die vorletzte Camino Portugues Etappe verläuft von Vilanova de Arousa bis nach Padron und startet sehr gemütlich. Das heutige und gleichzeitig letzte Zwischenziel vor Santiago de Compostela ist zwar rund 40 Kilometer entfernt, den überwiegenden Teil der Strecke werden wir jedoch mit dem Boot zurücklegen und haben daher ausreichend Zeit, den Tag ruhig anzugehen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück treffen wir unsere Mitpilgerin Kerri, die uns ein kleines Geschenk überreicht. Es handelt sich um eine Postkarte mit einer Zeichnung der Ruinas del Convento de San Anton, ein ehemaliges Kloster, das auf dem Jakobsweg Camino Frances steht. Natürlich möchten wir wissen, was es mit dem Motiv auf sich hat und Kerri erzählt uns ein wenig von diesem für sie ganz besonderen Ort, an dem sie eine wunderbare Zeit als Hospitalera in einer Pilgerherberge verbracht hatte. Dann drehen wir die Postkarte um und betrachten die Rückseite. Sie ist voll mit Zitaten und Sprüchen – Kerri‘s „favorite quotes“, zur Motivation, als Lebensweisheit oder auch einfach nur um Freude zu bereiten.

We do not remember days, we remember moments.

Die Überraschung ist gelungen. Die Karte wird bei uns einen Ehrenplatz erhalten, als schöne Erinnerung an unseren allerersten Jakobsweg und vor allem auch an die tollen Momente mit Kerri.

Die Postkarte zeigt auf der Vorderseite eine schwarz-weiß-Zeichnung der Ruinas del Convento de San Anton. Hinten ist sie voll „favorite quotes“ unserer Mitpilgerin Kerri.
Bleibende Erinnerung an eine tolle Zeit: Kerri’s Postkarte mit ihren „favorite quotes“.

Sorgfältig packen wir das Andenken in den Rucksack und starten gemeinsam Richtung Bootshafen. Die Fahrkarten können wir in einer Sporthalle kaufen, die auf dem Weg liegt. Nach wenigen Minuten stehen wir vor dem Gebäude, gehen auf der Suche nach dem Ansprechpartner die Treppen hinauf und erleben sogleich die zweite Überraschung des Tages: Im Aufenthaltsraum sitzt die Russin Katarina, die wir schon in Armenteira kennengelernt hatten, bei einer Tasse Kaffee und stellt uns Rolene vor, eine blond gefärbte, lustige Südafrikanerin mittleren Alters. Beide werden wie wir für diese Camino Portugues Etappe auch den Seeweg von Vilanova bis Padron nehmen. Toll, dann sieht man sich ja später an der Ablegestelle.

Während Katarina und Rolene noch zu Ende frühstücken und ihre sieben Sachen zusammenpacken, laufen wir mit Kerri durch Vilanova de Arousa, um noch ein wenig Proviant zu besorgen und schlendern anschließend bis zum Steg. Noch sind wir alleine auf weiter Flur, aber in der Ferne taucht bereits Katarina auf. Kurz darauf folgt Rolene mit einem jungen Portugiesen im Schlepptau. Langsam füllt sich der Vorplatz. Zwei Deutsche, eine Schwedin und ein Spanier, der sich gerade noch das letzte Ticket für die Überfahrt sichern konnte, gesellen sich zu uns. Als endlich das Boot eintrifft, hat sich Stück für Stück eine kunterbunte Runde von Camino Portugues-Begeisterten versammelt: zehn Pilger aus sieben Ländern, quer über den ganzen Globus verteilt.

Bei der Bootsfahrt der elften Caminho Portugues-Etappe, die nach Pontecesures führt, erläutert der Bootsmann ausführlich Wissenswertes rund um den historischen Seeweg.
Vor allem die Pilgerinnen hingen gebannt an den Lippen des spanischen „George Clooney“.

Bestens gelaunt nehmen alle in dem motorisierten Schlauchboot Platz. Die Vorfreude auf das, was uns nun die nächsten rund 28 Kilometer erwarten wird, steht allen ins Gesicht geschrieben. Als sich dann noch der ebenso sympathische wie äußerst attraktive Bootsmann vorstellt, können zumindest die weiblichen Fahrgäste gar nicht mehr mit dem Grinsen aufhören.

Noch ein paar Sicherheitsinstruktionen und schon setzt sich das Boot bei blau-bewölktem Himmel in Bewegung. Die Reise über einen – wie sich zeigen wird – geschichtsträchtigen Seeweg beginnt. Unser spanischer „George Clooney“ stellt sich dabei als exzellenter Reiseführer heraus und dank seiner ausgiebigen und geduldigen Erläuterungen lernen wir hier weitere interessante Seiten von Galicien kennen.

Muschelfarmen an der Ria de Arousa

Zum Beispiel ist der Nordwesten Spaniens an der Flussmündung Ria de Arousa ein richtiges kleines Paradies für die Miesmuschelzucht, von der hier die Fischer schon seit Generationen leben.
Wir fahren vorbei an unzähligen Muschelbänken, die allesamt aussehen wie große, ruhig auf dem Wasser schwimmende Holzflöße – die sogenannten Bateas. Unter den Holzstreben ragen lange Seile ins Meer hinein. An diesen Seilen wird, so erfahren wir, die Muschelbrut befestigt, die dann in rund sechs Monaten ihr Gewicht vervielfacht. Danach wird sie auf weitere Seile verteilt und dort bis zur Ernte heranwachsen.

Dieses Bild von der elften Camino Portugues Etappe zeigt eine Muschelbank aus der Nähe. Sie sieht aus wie ein großes Holzfloß auf dem verrostete Kisten stehen und Seile ins Wasser ragen.
Bei der Camino Portugues Etappe von Vilanova nach Padron reisen wir durch die Ria de Arousa, einem riesiges Zuchtgebiet für Miesmuscheln.

Übrigens: Insgesamt dauert es gut 18 Monate, bis sich aus der Brut ausgereifte Meeresfrüchte entwickelt haben. Diese lange Reifezeit ist uns bisher gar nicht bewusst gewesen. Das nächste Mal, wenn wir vor einem Muschelgericht sitzen, erinnern wir uns bestimmt an die heutigen Informationen und werden die kleinen Köstlichkeiten mit etwas mehr Bedacht genießen.

Die Seeroute der Camino Portugues Etappe von Vilanova nach Padron

Langsam verlassen wir die Arousa-Mündung Richtung Rio Ulla. Dort, wo der Atlantik in den Fluss strömt, sehen wir auf einer Landzunge drei Kreuze. Was diese wohl zu bedeuten haben? Auch dazu erhalten wir sozusagen im Fahrpreis inbegriffen eine ausführliche Antwort:

Der Legende nach sollen auf diesem Seeweg zwischen Ribeira und Pontecesures die Überreste des Apostels Jakobus stromabwärts in einem Schiff gesegelt sein und wurden anschließend nach Santiago de Compostela gebracht und dort begraben. Die Kreuze – insgesamt handelt es sich um 17 Stück –, die soweit wir verstanden haben in den 60er Jahren u.a. durch Spendengelder aufgestellt wurden, säumen in Gedenken diesen letzten Weg des Apostels.

Auf der Caminho Portugues-Seeroute von der Ria de Arousa entlang des Flusses Rio Ulla stehen drei Kreuze auf gelblichen Felsen, im Hintergrund sind Bäume.
Legendenhaft: Diese drei von insgesamt 17 Kreuzen sieht man auf der Bootsfahrt nach Pontecesures.

Dies ist wohl auch der geschichtliche Hintergrund, weshalb diese Camino Portugues Etappe über das Wasser von der Arousa entlang des Flusses Ulla auch als Pilgerweg offiziell anerkannt ist, selbst wenn man die Strecke nicht mit eigenen Mitteln zurücklegt.

Lange noch hätten wir den lebhaften Schilderungen unseres „Kapitäns“ lauschen können, doch langsam neigt sich die rund 40minütige, wirklich empfehlenswerte Bootsfahrt dem Ende zu. In Pontecesures angekommen, verabschieden wir uns mit vielen neuen Erkenntnissen im Gepäck von der Bootsbesatzung. Aber auch die Wege der Pilger trennen sich hier. Noch ein kurzes Winken und ein Buen Camino und schon ist ein Teil in der Ferne verschwunden.

Camino Portugues Etappe 11 von Vilanova de Arousa nach Padron . Impressionen

Zu siebt stehen wir jetzt noch am Anlegesteg. Das schwedische Pärchen und der Portuguiese beschließen, sich jetzt erst einmal auf die Suche nach einem Restaurant zu begeben, um mit frischen Meeresfrüchten und den in der Region berühmten „Pimientos de Padrón“ ihren Tag zu krönen und dann in der näheren Umgebung zu übernachten. Gerne wären wir mitgekommen, doch unser heutiges Ziel Faramello ist noch rund 10 Kilometer entfernt und so bleibt uns keine andere Wahl als weiterzuziehen.

Gemeinsam mit Kerri und Katarina überqueren wir zunächst gemütlich den Rio Ulla über eine Brücke und treten kurze Zeit später in Padron in die Kirche Santiago Apóstolo ein. Unter dem Altar findet sich der „Pedron“, ein mit Münzen gefüllter Opferstein, auf dem früher wohl auch Menschen- und Tieropfer gebracht wurden. Vor allem aber ist es dieser Stein, der vor Urzeiten am Flussufer gestanden und an dem das Boot mit dem Leichnam des heiligen Jakobus angelegt haben soll.

Dieses Bild eines Opfersteins, der unter dem Altar der Kirche Santiago Apostolo steht, entstand auf dem Caminho Portugues in Pontecesures. In der Schale liegt Münzgeld.
Der „Pedron“ in der Kirche Santiago Apostolo soll zu Römerzeiten als Altar gedient haben.

So schließt sich hier in dieser Kirche also der Kreis unserer heutigen Geschichtsstunde wieder. Jetzt noch kurz ein Foto für unser digitales Album, dann treten wir wieder auf die Straße hinaus, wo wir nun auch Katarina auf Wiedersehen sagen.

Idylle und Erotik auf dem Jakobsweg

Zu dritt machen wir uns auf nach Faramello. Von dort sind es dann nur noch wenige Kilometer, die wir morgen bis nach Santiago de Compostela zurückgelegen müssen. Wow, fast geschafft!

Die noch verbleibenden rund 10 Kilometer zum Ziel der heutigen Camino Portugues Etappe führen uns überwiegend durch kleine Straßen bezaubernder Ortschaften und an liebevoll gepflegten Höfen und alten verfallenen Gebäuden gleichermaßen vorbei. Schmunzelnd beobachten wir Hühner, die fröhlich vor sich hin gackernd einen Ausflug machen, kleine, goldige Hunde, die Vorbeigehende bedrohlich hinter ihren Zäunen mit Bellen begrüßen oder wundern uns über angekettete Ziegen am Wegrand.

Bald ist es jedoch mit dieser unschuldigen Idylle vorbei. An Autostraßen entlang zeigt der Camino Portugues mit einer regelrechten „Erotik-Meile“ sein äußerst weltliches Gesicht. Unübersehbar wird auf großen Plakaten für vergnügliche Stunden geworben. Das „VenusMotel“ bietet Unterwassermassagen und individuelle Kabinen, weitere Clubs laden mit eindeutigen Abbildungen vorüberziehende Pilger zu einem Zwischenstopp ein.

Das Bild zeigt den Caminho Portugues von seiner weltlichen Seite: Ein großes pink-gelbfarbenes Plakat, angebracht an einer Hauswand, macht auf das Motel Venus aufmerksam.
Auch für weltliche Bedürfnisse hält der Camino Portugues offensichtlich Angebote bereit…

Wir erinnern uns an den Tipp eines erfahrenen Pilgers in einem der Camino-Facebook-Foren und fingen an zu lachen. Hat er mit seinem Hinweis, auf der Packliste dürften auf keinen Fall Kondome fehlen, vielleicht nicht nur zufällige Pilgerbekanntschaften im Sinn gehabt? Wie heißt es so schön: „Drum führe uns nicht in Versuchung“. Es wäre interessant zu wissen, wie viele hier bereits nicht widerstehen konnten. Die Nachfrage bestimmt ja bekanntlich das Angebot…


LESETIPP:  Du planst Deine eigene Reise auf dem portugiesischen Jakobsweg und suchst nach nützlichen Informationen? Im Beitrag „Camino Portugues: alle Infos für Deine Vorbereitung“ findest Du übersichtlich und kompakt alles Wichtige zusammengefasst.


Noch in Gedanken daran, was sich am Rande einer Pilgerschaft wohl so alles ereignet, kommen wir gegen 18 Uhr in Faramello an und können uns glücklicherweise gerade noch die letzten Betten in der Albergue La Calabaza del Peregrinodes sichern. Mit einem Glas Wein lassen wir den Tag im Gastraum ausklingen und gehen dann, wie in den Herbergen üblich, frühzeitig in den mit insgesamt zwölf Betten bestückten Schlafsaal zurück.

Morgen ist es endlich soweit! Wir kommen in Santiago de Compostela an – dem Ziel unserer allerersten Pilgertour. Wie werden wir uns dann wohl fühlen, wenn wir dort auf dem großen Platz stehen, den wir bislang nur von Bildern kennen und auf unsere Camino Portugues Etappen zurückblicken? Wir sind gespannt…

>> Und so geht es weiter: Camino Portugues Etappe 12: Zieleinlauf in Santiago

>> Was bisher geschah: Camino Portugues Etappe 10: Eine kleine Reise durch das Mittelalter

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