Camino Portugues Etappe 8: Begegnung mit Josefa

Es ist so weit, die heutige achte Camino Portugues Etappe von Vigo nach Arcade wird uns endgültig vom Atlantik wegführen: keine weiten Strände mehr, keine Felsküsten, kein Rauschen der Wellen. Schon ein wenig schade, haben wir uns doch so an den Blick übers Meer hinweg bis hin zum Horizont gewöhnt. Natürlich freuen wir uns nun aber auch darauf, einmal eine etwas andere Seite vom portugiesisch-spanischen Jakobsweg kennenzulernen.

Jetzt, wo uns die Küste nicht mehr unmittelbar die Richtung vorgibt, nehmen wir uns wieder einmal etwas mehr Zeit, um die Landkarte zu studieren. Von Vigo nach Arcade – unserem heutigen Etappenziel – sind es circa 22 Kilometer. Nach rund zwei Drittel der Strecke wird die Küstenvariante des Camino Portugues in Redondela auf den „Central“ treffen, die traditionelle Route, die durch das Landesinnere führt. Bevor wir jedoch dort hinkommen, heißt es erst einmal für gut eine Stunde der Straße entlang quer durch Vigo und die Randgebiete. Dann endlich wird die Umgebung zunehmend ländlicher. Ein wenig bergauf und bergab pilgern wir durch die Gassen kleiner Dörfer, durch Waldstücke oder am Feldrand entlang und werden das ein oder andere Mal mit einem wunderbaren Blick auf die Meeresbucht Ria de Vigo belohnt.

Bei Arcade führt diese achte von zwölf Caminho Portugues Etappen an kleinen Feldern entlang und bietet eine schöne Aussicht auf die Meeresbucht Ria de Vigo.
Bei der Camino Portugues Etappe von Vigo nach Arcade haben wir einen wunderbaren Blick auf die Meeresbucht Ria de Vigo.

Wir kommen gut voran und haben nach gerade einmal drei Stunden die erste Hälfte der heutigen Camino Portugues Etappe hinter uns gebracht. Zeit für eine Pause. An einer Bushaltestelle in dem wenige Häuser großen Ort Rande stellen wir die Rucksäcke ab und beginnen mit unserem „Pilger-Picknick“: ein Stückchen Salami, frischer Paprika, Nüsse, etwas Brot.

Gastfreundschaft auf der Camino Portugues Etappe von Vigo nach Arcade

Ein Bus fährt vor, Fahrgäste steigen ein und aus, gehen an uns vorüber. Eine ältere Dame bleibt stehen. Mit Blick auf unsere Rucksäcke und den Proviant in den Händen begrüßt sie uns und wir kommen ins Gespräch. Wohin unsere Reise geht möchte sie wissen und wir erzählen, dass wir aus Deutschland kommen und von Porto aus gestartet sind, um nach Santiago de Compostela zu pilgern. Die Frage, ob wir mit dem Bus weiterfahren verneinen wir und erklären, dass wir die Haltestelle lediglich für eine kleine Rast nutzen. Die ganze Strecke zu Fuß? Sie scheint ein wenig beeindruckt zu sein und hat eine Idee, wie sie uns den Weg erleichtern könnte. Wie wäre es mit einem Gläschen Wein? Sie wohne nur zwei Häuser weiter, wir sollen warten, sie ist gleich zurück. Noch ohne eine Antwort abzuwarten, geht sie Richtung Haus um kurz darauf mit einer Flasche Weißwein, einem Flaschenöffner und einem Glas wieder aufzutauchen.

Während sie und Nico gemeinsam die Flasche öffnen erzählt sie ein wenig von sich und ihrer Zeit in Deutschland. Vor vielen Jahren war sie in Hannover im Rahmen eines Studentenaustausches (so haben wir es verstanden) und hat sich dort immer sehr wohl gefühlt. Sie liebt Deutschland und freut sich durch uns heute einmal wieder an diese schöne Zeit erinnert zu werden. Darauf stoßen wir an – und auf die Gastfreundschaft von Josefa.

An einer Bushaltestelle entlang des Caminho Portugues lädt uns die Spanierin Josefa auf eine Flasche Wein ein und Nico stößt freudig mit ihr an.
Bei einer Rast auf unserer Camino Portugues-Tour werden wir zu einer Flasche Wein eingeladen. Im Bild: Nico mit Josefa.

Der Wein stammt übrigens von eigenen Trauben. Hier in der Gegend – so erfahren wir – bauen viele Familien die Früchte an, um Wein für den Eigengebrauch herzustellen, entweder selbst oder auch mit Hilfe von Nachbarn, falls man die notwendige Ausrüstung hierfür nicht hat.

Unglaublich, wie reichlich wir auf dem Camino Portugues bereits beschenkt wurden

Wir unterhalten uns noch ein wenig, bis sich nach einem herzlichen Abschied unsere Wege wieder trennen. Weinselig gehen wir bei zwischenzeitlich warmen 27 Grad weiter Richtung Arcade und lassen die letzte Stunde nochmals Revue passieren. Diese unverhoffte Begegnung mit Josefa war richtig schön. Überhaupt: Es ist einfach unglaublich, wie reichlich wir in diesen wenigen Tagen auf dem Camino Portugues schon beschenkt wurden – mit freundlichen Gesten, pragmatischer Hilfe, Einladungen zu kleinen Snacks und Wein…

Den bisherigen Erinnerungen noch nachhängend wird uns plötzlich bewusst, dass wir schon lange keine Wegzeichen mehr gesehen und irgendwo vermutlich den Einstieg in die Seitenstraßen verpasst haben. Doch ganz nach dem Motto „Es gibt keinen Weg, der nicht irgendwann zum Ziel führt“ lassen wir uns davon nicht beirren und gehen an der Straße entlang, bis uns schließlich Nebenstraßen und Pfade an den Waldrand führen.

Santiago de Compostela kommt spürbar näher

Langsam nähern wir uns Redondela, dem Ort, an dem unsere heutige Etappe von Vigo nach Arcade auf den traditionellen Camino Portugues trifft. Unübersehbar befinden wir uns nun auf einem wohl populäreren Streckenabschnitt als bislang: Eine Wand voll bestückt mit Jakobs- bzw. Pilgermuscheln taucht vor uns auf. Diese Muschelsammlung mit Liebeserklärungen, Statements, Namen oder auch nur mit einem Datum und Kürzel versehen, versinnbildlicht für uns ein wenig die Vielfalt der Menschen, die sich hier auf den Camino tummeln und geben ein wenig Preis von den unterschiedlichsten Motivationen.

Auf dem Caminho Portugues trifft man zwischen Redondela und Arcade auf eine ganze Wand voller Jakobs- bzw. Pilgermuscheln.
Das Symbol für den Jakobsweg Camino Portugues schlechthin: die Jakobs- oder Pilgermuschel.

Aber die „Muschelwand“ ist nicht das einzige Anzeichen dafür, dass wir uns Santiago de Compostela langsam nähern: Was wir in den Tagen zuvor und auch heute immer wieder einmal vergeblich gesucht hatten, findet sich hier nun in Massen: Wegzeichen über Wegzeichen führen uns jetzt in die Richtung unseres heutigen Etappenziels Arcade.

Nach dem Ortseingang beginnen wir mit der Suche nach der Albergue Lameirinas, wo wir uns nach einem Schlafplatz erkundigen wollen. Viel Zeit benötigen wir dafür nicht, liegt die Pilgerherberge – korrekt „Albergue O Lar de Pepa“ – doch nur wenige Meter weiter in einer kleinen Seitenstraße.

Camino Portugues Etappe 8 von Vigo nach Arcade . Impressionen

Herzlich werden wir hier von Herbergsvater Pepa begrüßt und erhalten einen Schlafplatz in einem Vier-Bett-Zimmer. Obwohl dieses die letzten freien Schlafgelegenheiten für heute Nacht bietet und alle anderen Plätze bereits ausgebucht sind, wundern wir uns ein wenig, dass man hier auf den Fluren oder beim Blick in die Zimmer keine anderen Pilger sieht. Lediglich in der Küche sitzen vier junge Menschen beim Nudelkochen zusammen. Kurz tauschen wir uns mit ihnen über den heutigen Tag aus, gehen dann aber los, um für den eigenen Energienachschub zu sorgen.

Bei der achten Etappe unseres Caminho Portugues übernachten wir in Arcade in der Pilgerherberge „Albergue O Lar de Pepa“. Ein Erinnerungsfoto mit Herbergsvater Pepa.
Für nur neun Euro ist der Wohlfühlfaktor bei der Übernachtung in der Albergue O Lar de Pepa inbegriffen. Links im Bild: Herbergsvater Pepa.

Rund 80 Meter von der Albergue O Lar de Pepa entfernt sehen wir eine Tapas-Bar und treffen auf andere Pilger, die teilweise auch bei Pepa übernachten oder hier im relativ neuen Hotel Duarte. Kein Wunder haben sie es sich alle hier gemütlich gemacht. Auf der Terrasse kann man schön draußen sitzen und die Speisekarte mit allerlei kleinen spanischen Leckereien ist vielversprechend. An die oft übersichtlichen Portionsgrößen spanischer Restaurants bei uns in Deutschland gewöhnt, bestellen wir eine große Tapasplatte für zwei Personen. Außerdem liebäugeln wir noch mit gegrilltem Oktopus, warten aber auf Anraten der Bedienung mit der Bestellung, da uns „das sicher zu viel wird“ – und sie sollte recht behalten. Die Portionen sind selbst für hungrige Pilger wie wir hier so üppig, dass wir einige kleine Teller mit Kostproben an die Pilger der beiden Tische neben uns verteilen.

Nachdem wir schließlich auch das letzte Tapas-Stückchen verzehrt haben, machen wir uns auf den Rückweg zur Herberge und denken dabei kurz über unsere morgige Strecke nach. Über 30 Kilometer pilgern wir dann nach Armenteira. Ab Pontevedra – hier beginnt das erste Stück der sogenannten Variante Espiritual – soll es bergiger und schweißtreibender werden als alles, was wir bei den bisherigen Camino Portugues Etappen erlebt haben…

>> Und so geht es weiter: Camino Portugues Etappe 9: Hallo „HelloWorld-Spirit“

>> Was bisher geschah: Camino Portugues Etappe 7: Angekommen im „Hier und Jetzt“

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